Gastro Blog

Meerschweinchen „Stroganoff“

oder die Nutzung sozialer Netzwerke für Fortgeschrittene in zweihundert und neun Worten

 

Ich hätte gerne ein Meerschweinchen. Ich mag eigentlich keine Meerschweinchen, aber ich würde es zuerst Schewardnadse taufen und dann ein Foto von Schewardnadse und mir in allen Sozialen Netzwerken Posten. Damit alle sehen was für ein kreativer toller Typ ich bin. Denn wer sein Meerschweinchen nach einem ehemaligen Russischen Politiker benennt muss ja gut drauf sein. Oder aber ein Psychopath. Und glauben Sie mir, ich bin kein Psycho. Ich bin Koch, Sie können mir vertrauen, mit Psychopathen kenn ich mich aus.

Außerdem sollen Meerschweinchen in Südamerika ja eine Delikatesse sein und wenn ich poste, dass ich Schewardnadse mit Zitronenthymian, Tasmanischem Bergpfeffer und Rioja geschmort habe bekomme ich einen ordentlichen Shitstorm. Zum einen von den Tierschützern die etwas dagegen haben dass Schewardnadse den Löffel abgeben musste, OK, aber viel militanter und damit öffentlichkeitswirksamer sind versierte Hobbyköche die sich endlos darüber auslassen können dass Tasmanischer Bergpfeffer doch auf keinen Fall mit Rioja geht.

Naja, was soll ich denn machen? Wenn ich mir die Menge der Likes dieses Blogs ansehe dann helfen hier nur drastische Maßnahmen. Und sind wir mal ehrlich, Veganerwitze sind ausgenudelt.

Deswegen hier der Aufruf: wer ca 2 KG Meerschweinchen (Lebendgewicht) abzugeben hat, also etwa für vier Personen, der kann sich gerne bei mir melden. Rioja ist genügend vorhanden.

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31.01.2018

Wutbürgerlich Essen

Eine Kolumne in 18 Fragen

 

Wieso polarisiert Essen dermaßen? Wieso versuchen ethnische Randgruppen wie Veganer ständig die Fleischesser zu missionieren? Und wieso bezeichnen Menschen wie ich Veganer als ethnische Randgruppen? Wieso muss jeder zweite ein Foto seines Mittagsessens posten? Und wieso muss sich das ganze Netz endlos darüber auslassen dass dieser User reguläres Fleisch verwendet anstatt das einer uralten Haustierrasse die per Hand auf einer Bergwiese von tibetanischen Bettelmönchen mit biologischem, ökologischem und unlogischem Tierfutter hochgepäppelt wurde und danach zum Klang von Mozarts Zauberflöte totgestreichelt wurde?

Wieso geben wir mehr für Tierfutter aus als für die Tiere die wir futtern? Wieso brauchen wir im Dezember Zucchini? Wieso schmeckt Butter so viel besser als Pflanzenöl? Wie kann eine Bio-Ananas aus Costa Rica „Bio“ sein? Und wieso darf Fleisch vom Jäger meines Vertrauens nicht mit „Bio“ deklariert sein? Wieso fragt sich niemand wie viel Gehalt für eine Servicekraft übrig bleibt wenn das Mittagsmenü für 6,50 verramscht wird?

Es wäre doch alles nicht so schwer. Wieso kaufen wir nicht nur regionale Produkte wenn sie Saison haben? Wieso essen wir nicht weniger und dafür besseres Fleisch? Wieso bezahlen wir nicht lieber mehr für Lebensmittel anstatt durch unsere Steuern die Lebensmittelindustrie zu Subventionieren? Und wieso fallen mir so viele Fragen ein und so wenige Antworten? Ich wüsste doch wie es besser geht. Wieso bin ich immer derjenige der es immer besser weiß, aber nicht besser macht? Wieso funktioniert das in anderen Ländern? Und wieso schreien immer alle nach der Politik, obwohl ich mich nicht daran erinnern kann dass durch eine Reform jemals etwas besser wurde? Und wieso werde ich so wahnsinnig sauer bei all diesen Fragen, all diesen Problemen die so einfach zu lösen wären wenn jeder bei sich selbst anfangen würde, die aber doch unlösbar scheinen weil sich die meisten Menschen immer zuerst um die Fehler der anderen kümmern.

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31.01.2018

Sex, Drugs und Rotkohl

Kulinarik in sex Absätzen

 

Fragt man einen beliebigen Koch nach den wichtigsten Hilfsmitteln um im stressigen Alltag zu bestehen kommen meist folgende Faktoren ins Spiel: Sex, Alkohol, Drogen, Sex, Desserts aus der klassischen Französischen Küche und Junkfood. Und Sex.

 

All dies ist mehr oder weniger wichtig um in der Welt der Gastronomie zu überleben. Natürlich in verschiedenen, individuellen Gewichtungen.

 

Für Alkohol zum Beispiel gebe ich heute immer noch so viel Geld aus wie mit Anfang zwanzig. Nur der Effekt ist anders. Früher lagen wir mit ein paar Flaschen Wodka und Discounter-Bitterlemon bei Freunden im Partykeller rum bis wir kein Geld mehr für noch mehr Schnaps hatten. Heute liegt der Rum, nachdem er 12 Jahre im Eichenfass rumstand, bei mir im Keller rum und wird dabei von selbst immer teurer. Dafür kostet eine Flasche so viel wie ich früher am ganzen Wochenende für Alkohol Benzin und Pizza ausgegeben habe und auch dies führt dazu dass ich am Ende des Monats kein Geld mehr habe. Dafür ein paar Flaschen aus Jamaica und etwas Single Malt mehr.

 

Fakt ist, wenn die Freizeit sehr übersichtlich ist muss diese intensiv verbracht werden.

Sex zum Beispiel ist natürlich ein legitimes und alt bewährtes Mittel um Stress zu kompensieren. Allgemein sagt man ja, Gegensätze ziehen sich an. In den Personalhäusern großer Hotels ist das Gegenteil der Fall. Hier treffen die Gegensätze, sprich Köche und Hotelfachfrauen aufeinander, was meist dazu führt dass sie sich aus-, statt anziehen. Da die Mitglieder dieser beiden Fraktionen meist schon den ganzen Tag damit verbracht haben sich über den Pass anzubrüllen ist es natürlich mehr als verständlich dass sie sich nach Feierabend eine Beschäftigung suchen bei der sprechen nicht unbedingt notwendig ist.

 

Die anderen Anfangs genannten Faktoren sind hierbei meist hilfreich, wobei es statt mit Drogen zu experimentieren oft einfacher und erfolgversprechender ist, die auserwählte mit einer Crème brûlée zu bestechen. Sofern das wirklich notwendig ist, denn die Hemmschwelle in diesem Gewerbe ist wirklich sehr gering. Und natürlich geht so gut wie immer die Initiative von der Kellnerin aus. Denn Köche, vor allem Azubis sind ja bekanntlich zarte, sanftmütige Wesen die all ihre Energie darauf fokussieren die Kulinarik als solches zu ergründen und zu perfektionieren. Zumindest so lange bis sie ins berüchtigte Personalhaus einziehen. Denn dort lauert Sie. Die Hotelfachfrau, kurz HoFa die einem rehäugigen Kochazubi in kürzester Zeit sämtliche Laster beibringt die dieser sich in seinen wildesten Fantasien nicht hatte vorstellen können.

 

HoFa steht übrigens nicht nur für „Hotelfachfrau“, es bedeutet auch „Hoite Fallen auch noch die letzten Hemmungen“.

Wenn dann also nach einem Gastro Wochenende – also Montag & Dienstag die Batterien wieder aufgeladen sind beginnt eine neue Runde im Spiel von Sex, Drugs & Rotkohl.

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12.01.2018

Mein erster Kombi

Baujahr 1993

 

Fünfzehn Jahre war er alt, silbern, klein und ohne Extras. Für 2500 Euro bei Ebay gekauft, mein erster Kombi. Und ich rede hier nicht von einem Auto mit großem Kofferraum sondern von der ersten großen Anschaffung die ein selbstständiger Gastronom machen muss: dem Kombidämpfer. Der kombiniert Heissluftofen und Dampfgarer in einem. Sozusagen die Eierlegenden Wollmilchsau der Küchentechnik. Oder halt kurz Kombi. Dieser Kombi bedeutete für mich das gleiche wie ein Auto für einen 18 Jährigen: Man ist plötzlich unabhängig, vieles wird damit leichter und man fängt an zu experimentieren und die Grenzen auszuloten. Der hatte damals drei Drehregler, Betriebsart, Zeit, Temperatur. Fertig. Und ich war glücklich. Stabil verbaut aus jeder Menge Edelstahl.

Natürlich ist das schon länger her. Und wir beide haben uns weiterentwickelt, man könnte sagen auseinandergelebt. Die neuen Kombidämpfer Generation reinigt sich selber und hat eine W-lan Schnittstelle. Die Kochprogramme lassen sich am Computer Programmieren und am Gerät hochladen, und wenn das Essen fertig ist ertönt Schnappi das kleine Kokodil. Oder Hells Bells von ACDC, ganz egal, ich kann jeden beliebigen Klingelton uploaden. Natürlich gesteuert über Touchscreen, oder gleich über eine Smartphone App. Ein namhafter Hersteller behauptet sogar sein Kombi hätte fünf Sinne, kann also hören, schmecken, fühlen, sehen und riechen, aber das scheint mir dann doch etwas übertrieben.

Meinen ersten Kombi habe ich inzwischen natürlich nicht mehr, auch ich bin mit der Zeit gegangen. Der Neue kann Braten über Nacht zubereiten, Räuchern, Sos Vide Garen und neben zu noch die Lohnsteuererklärung machen. Und ich muss zugeben: das ist super. Und doch machen mir Geräte die schlauer sind als ich manchmal Angst. Und dann denke ich gerne zurück wie das mal war, früher, beim „Erstes Mal“. Und aus irgend einem Grund scheinen gerade diese Dinge im Rückblick viel besser als sie tatsächlich waren. Das ersten Auto das noch nicht mal eine Servolenkung hatte und ständig angeschoben werden musste weil die Endstufe im Kofferraum zu viel Strom zog. Die erste Beziehung bei der, naja, sie wissen wie das halt so war, und, bei Köchen, der Erste Kombi der öfters einen kräftigen Schlag mit der flachen Hand brauchte damit er anlief da die Elektronik einen Wackler hatte.

Es ist schön zurückzublicken, aber ich möchte nicht um viel in diese Zeit zurück. Nur manchmal wünsche ich mir wieder einen einfachen Kombi mit einem Knopf zum drehen.

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